Affenärger
Seit Jahrtausenden werden Affen – von Ägypten bis China, Südamerika und Indien – mit allen erdenklichen Werten in Verbindung gebracht. Der Weltanschauung der jeweiligen Kultur entsprechend, symbolisieren sie praktisch die gesamte Bandbreite menschlicher Eigenschaften, und seien sie noch so verschieden: von Weisheit und Sündhaftigkeit über Geistigkeit und sklavische Abhängigkeit bis hin zu weltlichen Freuden. Sie sind die verachteten „Anderen“ von unheimlicher Ähnlichkeit, die der moderne westliche Diskurs zu Gegenständen von Untersuchung und Aneignung ernannt hat. Mitsy Groenendijks Affen aus der Serie „People see, People do“ erwidern diesen wissbegierigen zoologischen Blick und entwickeln eine neue Anthropologie, eine von Affen geschriebene. Ob sie stehen oder liegen, manchmal Angst haben oder einander umarmen, heuchlerisch oder nachdenklich sind, sie tun vor allem eines: Sie schauen uns an. Weit davon entfernt, in diese neugierige Beobachtung vertieft zu sein oder unter ihr zu leiden, bieten sie ein Schauspiel, das sich jeder Aneignung entzieht. Jede gipserne Pose und jede Gebärde, die sich um ihre funkelnden Augen kristallisiert, erinnert uns an eine Formel, ein klischeehaftes Tun. Getreu ihrem Ruf als Nachäffer, führen sie verzerrte Abarten unserer Rituale erbarmungslos vor, als verstünden sie besser das subversive Potential, das eben gerade in ihrer Wiederholung liegt. Indem sie unsere Gewohnheiten parodieren, werfen sie ein Schlaglicht auf die Wiederholung gesellschaftlich anerkannter Rituale als Lebensgrundlage. Das Dasein ist weniger Funktion einer intrinsischen Natur als vielmehr Wiederholung angelernter Verhaltensweisen. Sie schreiben Worte und verbinden sich im Raum – so verkörpern Mitsys Affen diesen amüsanten und dekonstruktiven Diskurs über die menschliche Natur. Aus ihrem unbestimmten Tiersein heraus erschaffen sie Räume, in denen wir uns neu denken können, während sie uns zugleich an mancherlei Massenware denken lassen. In dem herausfordernden Diskurs über Natur und Kultur, den diese kindgroßen Affenfiguren artikulieren, klingt zugleich ein Brechen mit einer weiteren hegemonialen Unterscheidung an, zwischen hoher Kunst und populärer Kultur, irgendwo zwischen den Teletubbies, Gartenzwergen und mexikanischen Pappmaschee-Catrinas. Aus diesen ästhetischen und womöglich sozio-politischen Brüchen erwächst das Problem, mit dem uns Mitsy Groenendijks Affen konfrontieren: Bis zu welchem Grade ahmen wir uns selber und andere nach, um existieren zu können?
Aus dem Englischen von Jürgen Dierking |