Philipp Schönborn *Aufschauen*

> Biographie > Werke 

Zur Eröffnung am Sa., den 29. April 2006 von 15 bis 18 Uhr sind Sie und Ihre Freunde herzlich eingeladen.

Ausstellungsdauer: 02.05.2006 bis 15.07.2006
Öffnungszeiten: Di - Fr 11-13 und 14-18 Uhr, Sa von 11-15 Uhr
Termine außerhalb der Öffnungszeiten sind nach Vereinbarung möglich.

> Auskunft + Anfahrtsplan

 

Jahrhunderte lang hatte die Kunst in Europa fast nur einem Zweck zu dienen. In den Kirchen wurde sie zur höheren Ehre Gottes verehrt, die Gnadenbilder halfen bei der Vermittlung zum Nichtdarstellbaren und Nichtdenkbaren. In einem langwierigen Transformationsprozess, der durch die Erfindung des Museums zementiert wurde, gewann hingegen die Kunst selbst kultische Verehrung, wurde sie ihrer dienenden Aufgabe enthoben. Gewiss, es gibt noch die Geschichten von den alten Frauen, die gelegentlich in die Museen kommen, um vor der aus der Dorfkirche transferierten Madonna zu beten, doch sind die Kunstwerke oft durch die Einbettung in den kunsthistorischen Kontext, durch die Isolierung auf weißen Sockeln vor glatten Wänden so radikal ihrer religiösen Aura enthoben, dass ein segensreiches Gebet sinnlos scheint.

 

Philipp Schönborn versucht in seinen jüngsten Arbeiten, die Verbindung zwischen dem weißen Kunstraum und dem weihevollen Kultraum, neu herzustellen. Er fotografierte in süddeutschen und österreichischen Kirchen Kreuzigungsgruppen, Engels- und Marienstatuen und Deckenfresken. Es sind jene Kunstwerke, die uns heute - sei es als Touristen, sei es als Gläubige - noch den Kopf heben lassen, Kunstwerke, die eine große künstlerische und spirituelle Kraft ausstrahlen: ein Asam-Fresko aus Fürstenfeld mit Szenen aus dem Leben des Bernhard von Clairvaux und den Erlösungstaten Christi, ein Gnadenbild aus der Wallfahrtskapelle von Vens aus dem mittleren 18. Jahrhundert oder ein gekreuzigter Christus aus dem Prämonstratenserstift Roggenburg.

Gerade dieser Christus von Nikolaus Weckmann, auf um 1500 datiert, wird von Philipp Schönborn vor dem barocken Hochaltar nicht isoliert, einzig die Tiefenschärfe gibt dem Gekreuzigten seine unmittelbare Präsenz. In Leuchtkästen montiert, strahlen die Fotografien als durchscheinende Großdias nun im weißen Ausstellungsraum in kräftigen, starken Farben. Das barocke Gold des Engels, der festliche Glanz der Deckenstuckaturen, aus denen heraus die Fresken in Gloriolen gipfeln, das purpurgoldene Kleid der Madonna - all dies lässt sich nun in ganzer Pracht und im Detail bewundern.

Schönborn wählte gegenüber seinen bislang fast durchgängig benutzten kleineren Kastenformen, die sich als Rastereinheit zu immer neuen Formen zusammensetzten, nun größere Formate für seine Leuchtkästen, denn diese Situationen, diese Kunstwerke ließen sich nicht, wie noch die kurz zuvor von ihm fotografierten Mosaiken aus der Capella Palatina in Palermo, zerlegen. Die mächtigen Leuchtkästen nun halten wiederum auf Distanz, bewahren den Kultbildern auch außerhalb der Kirche ihre Wirkung.

Die neuen Arbeiten von Philipp Schönborn stellen also den komplexen, hier nur angerissenen Transformationsprozess der Kunst wie in einem Brennglas erneut zur Debatte. Dabei kommentiert Schönborn den Bedeutungswandel und führt ihn in einem weiteren Schritt zu neuer Qualität, denn die Arbeiten ermöglichen es uns, wieder zur Kunst aufzuschauen, ohne dabei die Möglichkeit zur Reflexion aufgeben zu müssen.

 

Philipp Schönborn > Biographie > Werke