Dem Wesen der Bilder bietet das Digitale ebenso schöpferische wie vernichtende Möglichkeiten. Der stetige mediale Bedarf an immer neuen Bildern und die zunehmende Medialisierung des Privaten bringt eine unablässige Bilderproduktion mit sich. Das unermüdliche Archivieren dieser zahllosen Bilder lässt uns an ein riesiges und ständig wachsendes Reservoir an Bildern glauben und vermittelt uns überdies die Illusion ihrer ständigen Verfügbarkeit. Und doch müssen wir befürchten, es letzten Endes anstatt mit einer unendlich großen Summe der Bilder lediglich mit einem unendlich großen Haufen von Festplatten, dem digitalen Endlager zu tun zu haben.
Solche Befürchtungen kann die Malerei entweder guten Gewissens außer acht lassen und nach Belieben Bilder produzieren, wie es seit vordigitalen Zeiten üblich ist. Will sie jedoch auf eine digitale Situation reagieren, wird sie sich mit den Erscheinungsformen der Bilder innerhalb ihrer Digitalisierung beschäftigen. Abgesehen von der Beschaffenheit der Malerei wird nicht nur ein Motiv Gegenstand eines Gemäldes sein, sondern ebenso der Kontext, den das Bild im Gefüge der Virtualität, im Wechsel zwischen Geist und Technik eingeht. Durch die malerische Bearbeitung oder Neuerfindung eines digitalen Bildes wird dessen Position innerhalb seines medialen Zusammenganges verschoben, verfremdet oder fragmentiert und neu zusammengesetzt. Diese Eingriffe in die Medialität entreißen das Bild der digitalen Vergessenheit und machen es erst wirklich und sichtbar. In dieser Wiedergeburt erfährt das Bild eine Wahrhaftigkeit, oder auch Sinnlichkeit, die ihm im Datenzustand abhanden gekommen war. |